Frühschoppen doppelt entwurzelt und deswegen umso radikaler. Der ländliche Sonntag verpflanzt in die Kulturhauptstadt 2003. Der volkstümliche Sound ersetzt durch wilden Heavy Metal.

Die Cooks of Grind präsentieren den 1. österreichischen Heavy Metal-Frühschoppen mit würzigen Live-Acts und deftigen DJs am Sonntag, den 31. August 2003, von 8 bis 15 Uhr beim Forum Stadtpark. Der Eintritt ist frei!

Menü:
Johnny Dope (DJ, 9:15 Uhr), Slowfox Fastfox (DJ, 9:45 Uhr), Boutique Meteor (Band, 10:15 Uhr), HelL. A. (DJ, 12:15 Uhr), Sindustry (Band, 12:45 Uhr), Dr. Mad Pfister (DJ, 13:45 Uhr), Cadaverous Condition (Band, 14:15 Uhr).
Zwischengericht (Pause): Drink&Draw (freies Comics-Zeichnen), Contest für Gestaltung eines CD-Covers von Dr. Nachtstrom, Cooks of Grind in Aktion, Comics-Ausstellung im Forum Stadtpark

Die Cooks of Grind begeistern seit zwei Jahren Gourmets und Gourmands unter dem Motto „Männer kochen für euch“ und servieren g’schmackig herzhafte Kunstaktionen.

Das Event findet im Rahmen von access.all.area / Graz 2003 und dem Comic Festival Graz (30. August bis 6. September, Forum Stadtpark) statt.

















Artwork Totenschädel by Kolo
Plakat von Bernhard Raschl


 


Radikal.
In den Dörfern Österreichs mit Restalkohol im Blut geht es im Sommer nach einer durchzechten Samstagnacht zur Frühmesse und dann ohne Unterbrechung zum Frühschoppen, wo gefeiert wird, dass sich die Biertische biegen. Dort im morgendlichen Alkoholdunst und Fett-Smell macht das „Originale Sauschneiderquintett“ volkstümlich Stimmung. Umta-Umta-Umtata. Und dazwischen Witze über Pfarrer und Politiker. Kulturland. Ländliche Grillhendl-Kultur. Während sich die Stadt mellow in den Sonntag schwingt, sich die feine HotVolley zum Prosecco-Geschlürfe beim 2003-JazzBrunch im Hotel Wiesler oder sonst wo einfindet und relaxt, gibt die Landsbevölkerung so richtig Gas. Derbe, ordinäre Späße und schnelle, laute Rauschmusi. That`s fucking rock`n roll, babe.
Why Heavy Metal? Die These voran: Die Steiermark und Graz sind Hochburgen der harten Musik. Tröpferlhiphop, Triphop und Vienna Sound a la Kruder&Dorfmeister haben meiner Meinung nach auch örtlich logische Ursprünge. Freilich findet man in Graz, in der Steiermark HörerInnen und auch einige Artists, die dem Weichen, Zarten zugetan sind, aber ähnlich wie in der Stahlstadt Linz dominiert die Roughness, die harte Gangart, selbst die Elektronik ist lauter und experimenteller. Welche Sozialisierungen dazu führen, sei mal bis auf die paar folgenden Stichworte beiseite gelassen: Industrie, Balkan, Ärmlichkeit, Grenzregion, Arbeiter, Machismus. Man denke dabei nur an die vielen vornehmlich männliche Bandleiberl-Träger aus Kapfenberg oder Weiz.
KHG und MS. Der Musikantenstadl kommt in die Kulturhauptstadt Graz 2003. Der Musikantenstadl zeigt die Hochkulturbauten, die neuen Wahrzeichen der KHG ohne Subtext, ohne Kontext. Das Gezeigte wird zwar gesehen, aber nicht (reflektiert) wahrgenommen und ist daher Schmuck. Der MS schmückt sich mit der KHG. Die KHG schmückt sich mit dem MS. Das Nahegebrachte bleibt fern. Die werbewirksame Oberflächlichkeit muss Spaß machen. Die Auseinandersetzung mit den möglicherweise komplexen Inhalten bleibt dem einzelnen Besucher-Individuum vorbehalten. Der Musikantenstadl darf nicht bilden. Bildung ist ernst, anstrengend und fad. Schnelle Kamerafahrten über die lustige Masse an Köpfen der steirischen Spaßgesellschaft. Nächste Kameraeinstellung: Der distanzierte Blick eines Vogels auf die Dachlandschaft von Graz. Die Vermittlung von „Inhalten“ wird idiotensicher gemacht. Jeder muss alles verstehen. Deswegen verstehen wir gar nichts mehr. Die Ästhetik im Sinne von Wahrnehmung wird wieder zum sinnentleerten Guten, Wahren und Schönen.
Sollbruchstelle. Im Sinne des oben Angedachten planen die Cooks of Grind nach einer Idee von Stefan Ehgartner und mir, Roman Klug den 1. Österreichischen HeavyMetal-Frühschoppen Graz. Die Verquickung des steirisch-ländlichen Frühschoppens mit dem HeavyMetal und das alles herausgehoben aus seinem üblichen Kontext und seiner üblichen Lozierung. Irritation erwünscht. So keep on rocking. Roman Klug Graz, am 10. Juli 2003